Über Discern – Der Hintergrund

Wahlmöglichkeit für Patientinnen und Patienten

Qualitativ gute Patienteninformationen über Behandlungsalternativen müssen…

  • genau sein und auf der besten und aktuellsten wissenschaftlichen Evidenz basieren,
  • alle Aspekte eines möglichen Behandlungsverfahrens  berücksichtigen,
  • die möglichen Ergebnisse einer Behandlung beinhalten

  • und thematisieren alle Bereiche, in denen bislang noch Unsicherheit herrscht.

Möglicherweise sind neben der klinischen Wirksamkeit auch andere Fragen bei der Entscheidung über eine Behandlung sehr wichtig. Qualitativ gute Informationen sind ein Hilfsmittel für die Wahl des für den Einzelnen besten Verfahrens. Sogar bei einer klaren Behandlungsabfolge und wenigen Wahlmöglichkeiten werden qualitativ gute Informationen helfen, eine Behandlungsmaßnahme zu verstehen und einzuschätzen, was von der Behandlung zu erwarten ist. 

Qualität guter Patienteninformationen

Wer kann DISCERN anwenden?

DISCERN ist ein Instrument bzw. Hilfsmittel, das entwickelt wurde, um Nutzerinnen und Nutzern von Patienteninformationen zu helfen, die Qualität von Patienteninformationen über Behandlungsalternativen einzuschätzen.

 

Es gibt zur Zeit eine Fülle von schriftlichen Patienteninformationen über Behandlungsalternativen von den verschiedensten Anbieterinnen und Anbietern. Nicht alle diese Informationen haben eine gute Qualität, und nur ein kleiner Anteil basiert auf hochwertigen wissenschaftlichen Nachweisen.

Viele der verfügbaren Publikationen enthalten ungenaue oder verwirrende Empfehlungen, und es kann schwierig zu entscheiden sein, welche Informationen genutzt und welche verworfen werden sollten.

DISCERN ist für jeden geeignet, der Informationen über Behandlungsalternativen nutzt oder erstellt.

Häufig gestellte Fragen

DISCERN wurde einem umfangreichen Entwicklungs- und Bewertungsprozess unterworfen.1

Zunächst analysierte ein Expertengremium eine zufällige Auswahl von Patienteninformationen über Behandlungsalternativen bei drei unterschiedlich gut erforschten Erkrankungen: Herzinfarkt, Endometriose und Chronisches Müdigkeitssyndrom. Ein Vorabinstrument – auf der Grundlage dieser Expertenanalyse erstellt – wurde von dem Expertengremium an einer zufälligen Auswahl neuen Materials über dieselben drei Erkrankungen getestet. Wir analysierten die Leistung des Vorabinstruments durch die Messung der Inter-Rater-Übereinstimmung (gewichtetes Kappa, Übereinstimmung der Bewertungen unterschiedlicher Bewerterinnen und Bewerter) und durch eine Expertendiskussion. Das Instrument wurde anhand der Ergebnisse dieser Analyse überarbeitet. Der endgültige Probelauf von DISCERN wurde mit einer landesweiten Auswahl von 13 Mitgliedern von Selbsthilfegruppen und 15 Informationsanbieterinnen und -anbietern an einer zufälligen Auswahl von Broschüren von 19 führenden nationalen Selbsthilfeorganisationen durchgeführt. Wir führten Tests zur Inter-Rater-Übereinstimmung durch, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden zusätzlich gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, der ihre Meinung über die Zuverlässigkeit und Anwendbarkeit des Instruments festhielt.

Der gründliche Entwicklungsprozess von DISCERN ermöglichte es, allgemeine Richtlinien für den Inhalt von Patienteninformationen über Behandlungsalternativen zusammenzustellen, die von Nutzerinnen und Nutzern aus den verschiedensten Bereichen übereinstimmend verstanden und angewendet werden können. Daraus folgend ist DISCERN der erste standardisierte Kriterienkatalog für die Qualität von Patienteninformationen.

1 Charnock D, Shepperd S, Needham G, Gann R. DISCERN – an instrument for judging the quality of written consumer health information on treatment choices. Journal of Epidemiology and Community Health, 1999, 53, 105-111.

DISCERN kann nicht zur Bewertung der wissenschaftlichen Qualität oder der Korrektheit der Literatur, die einer Publikation zugrunde liegt, verwendet werden. Dies würde die Überprüfung anhand anderer Quellen erfordern. DISCERN kann allerdings genutzt werden, um die Zuverlässigkeit einer Publikation als Informationsquelle für eine Entscheidungsfindung zu beurteilen. DISCERN kann verwendet werden, um:

  • zu bewerten, ob die Quellen der Evidenz klar genannt sind. Frage 4 hilft bei der Beurteilung, ob die Herkunft der Informationen über Behandlungsalternativen klar genannt wird. Quellen können wissenschaftliche Artikel sowie die Meinung klinischer Expertinnen und Experten oder der Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen sein.

  • die häufigsten Gründe für unangemessene oder unzuverlässige Informationen zu bewerten, z.B. ob die Publikation oder die Informationen, auf denen sie beruhen:
  • nicht aktuell sind (Frage 5),
  • beeinflusst sind (Frage 6),
  • einen Bereich von Behandlungsalternativen unerwähnt lassen (Fragen 6, 14),
  • nicht überprüft (Frage 4) oder ergänzt (Frage 7) werden können.

Zum Verständnis von DISCERN ist kein Vorwissen erforderlich! DISCERN kann verwendet werden, um die Qualität einer Publikation zu beurteilen – ohne das Wissen einer Spezialistin bzw. eines Spezialisten und den Hinweis auf andere Publikationen oder Beraterinnen und Berater. Jeder kann DISCERN für sich selbst nutzen, um die Qualität einer einzelnen Publikation zu beurteilen. DISCERN kann darüber hinaus wichtige Fragen aufwerfen, die die Nutzerin bzw. den Nutzer dazu veranlassen, weitere Informationen oder Beratung zu suchen. DISCERN kann schließlich auch für die Auswahl und den Vergleich von Patienteninformationen über Behandlungsalternativen nützlich sein.

DISCERN kann verwendet werden, um die Qualität einer Publikation über ein spezielles Behandlungsverfahren zu beurteilen. Es ist für eine Publikation durchaus üblich, ein spezielles Behandlungsverfahren für ein medizinisches Problem zu beschreiben. Solche Publikationen können qualitativ gute Informationen enthalten, solange deutlich bleibt, dass nur eine Behandlungsalternative besprochen wird (Frage 1) und andere Behandlungsverfahren existieren können (Fragen 6, 14). DISCERN kann für diese Publikationen in der gleichen Weise wie für Publikationen über mehrere Behandlungsalternativen genutzt werden: die Fragen in Teil 2 von DISCERN beziehen sich auf ein einzelnes Behandlungsverfahren. Bei Schwierigkeiten hilft Teil 3 des Handbuchs mit entsprechenden Hilfestellungen weiter.

DISCERN soll helfen, die Qualität einer Publikation bezüglich ihres Inhalts zu bewerten. DISCERN enthält keine spezifischen Fragen über die Präsentation der Information (z.B. Layout, Abbildungen, Lesbarkeit), weil es bereits eine Menge Literatur über die Wichtigkeit und den Nutzen dieser Merkmale gibt.2 Weiterhin ist eine gut präsentierte und lesbare Publikation nicht notwendigerweise auch informativ und fehlerfrei. DISCERN soll die Frage beantworten, welche Informationen eine Publikation enthält, und nicht, wie die Informationen dargestellt werden.

Empfehlung für das Bewerten von Patienteninformationen

Viele internationale Organisationen, die für die Versorgung der Öffentlichkeit mit medizinischer Information und Beratung verantwortlich sind, verwenden und veröffentlichten bereits DISCERN-Scores als Nachweis für die Qualität ihrer Informationen. Wir begrüßen diese Initiativen und bekräftigen gern, dass die Organisationen – indem sie DISCERN zur Überprüfung (Review) ihres Materials verwenden –

sowohl den Nutzerinnen und Nutzern als auch den Erstellerinnen und Erstellern von Patienteninformationen einen verlässlichen Dienst erweisen. Der Prozess der Überprüfung sollte dabei einem hohen Standard entsprechen und transparent sein.

Organisationen, die DISCERN und DISCERN-Scores zur Information der Öffentlichkeit über die Qualität von Patienteninformationen verwenden wollen, empfehlen wir folgendes als Modell für ein sinnvolles Verwenden von DISCERN:

Grundsätze
Es sollte ein Protokoll verfasst und veröffentlicht werden, das den Prozess der Überprüfung festlegt.

Management
Der Prozess der Überprüfung sollte von einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter überwacht und koordiniert werden, die bzw. der Erfahrung im Umgang mit DISCERN hat. Diese Koordinatorin bzw. dieser Koordinator sollte namentlich im Protokoll und in allen folgenden Veröffentlichungen, die einen DISCERN-Score verwenden, genannt sein.

Schulung
Neue, unerfahrene DISCERN-Prüferinnen und Prüfer sollten eine grundlegende Schulung durch die Koordinatorin bzw. den Koordinator oder eine/n andere/n erfahrene/n DISCERN-Prüferin bzw. Prüfer erhalten. Neue, unerfahrene Prüferinnen und Prüfer sollten einen Praxistest an einer Reihe von Materialien – die mit der Koordinatorin bzw. dem Koordinator geprüft und diskutiert werden – durchlaufen, bevor sie an einem formalen Überprüfungsprozess teilnehmen.

Überprüfen und Überwachen
Ein formaler Überprüfungsprozess sollte mindestens von zwei unabhängig voneinander arbeitenden Prüferinnen bzw. Prüfern durchgeführt werden. Unterschiede bei der Bewertung sollten in einer Beratung mit der Koordinatorin bzw. dem Koordinator besprochen werden. Falls nur eine Prüferin bzw. ein Prüfer zur Verfügung steht, sollte die Koordinatorin bzw. der Koordinator eine kontinuierliche Überwachung durchführen, um einen beständigen hohen Standard aufrecht zu erhalten und Problembereiche aufzuspüren. In jedem Fall sollte der Überprüfungsprozess einbeziehen:

  • Regelmäßige Anleitung und Unterstützung durch die Koordinatorin bzw. den Koordinator, damit Fragen diskutiert und Probleme gelöst werden können in dem Moment, wo sie auftreten

  • Freier Zugang zum DISCERN-Handbuch oder der DISCERN-Website für alle Prüferinnen und Prüfer

  • Regelmäßige Kontrollen einer Zufallsauswahl von abgeschlossenen Prüfungen durch die Koordinatorin bzw. den Koordinator

  • Verbindliche Kontrollen aller Prüfungen, die eine 5/5-Bewertung erhalten, durch die Koordinatorin bzw. den Koordinator

Dokumentieren und Berichten
Genaue Angaben über Probleme, die beim Überprüfen und Überwachen auftreten, sollten dokumentiert uns mitgeteilt werden. Auf diese Weise erhalten wir wertvolle Rückmeldungen für die Weiterentwicklung von DISCERN und für die gezielte Schulung.

DISCERN für das Erstellen von Patienteninformationen

DISCERN wird ebenso als Leitfaden für Qualitätsstandards während der Entwicklung von Patienteninformationen genutzt.
Wir freuen uns über Ihre Ansichten und Erfahrungen.

Bitte schicken Sie Ihre Kommentare oder Beispiele an folgende E-Mail-Adresse: Patientenuniversitaet@mh-hannover.de